Antrag: | GRÜNE Gesundheitspolitik für Rheinland-Pfalz |
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Antragsteller*in: | Patrick Zwiernik (KV Koblenz) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 22.11.2019, 07:53 |
SG-2-370: GRÜNE Gesundheitspolitik für Rheinland-Pfalz
Antragstext
Von Zeile 369 bis 370 einfügen:
mit der Landesärztekammer, den Fachverbänden und der Kassenärztlichen Vereinigung an.
90/90/90 Ziel für Rheinland-Pfalz - HIV und Aids bekämpfen
Die Chance das HI-Virus zu besiegen ist keine Vision mehr, sondern real vorhanden. Unser Ziel ist es, AIDS bis 2030 zu beenden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen bis 2025 90 Prozent der HIV-infizierten Menschen ihren Status kennen, 90 Prozent dieser Menschen sollen in Behandlung sein und bei 90 Prozent der Behandelten eine nachhaltige Unterdrückung der Viruslast stattfinden. Ein weiteres Ziel der Initiative ist der Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV oder AIDS. Hierfür bauen wir die Unterstützung für Aufklärungsprojekte und Unterstützungsangebote aus. Für einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang sollte jede*r den eigenen Status kennen. Deswegen sollen die Möglichkeiten der Schnelltests zur HIV Erkennung weiter ausgebaut werden.
GRÜNE Gesundheitspolitik orientiert sich an den Menschen
Unser Ziel ist es, dass alle Menschen eine bestmögliche Gesundheitsversorgung
erhalten. In unserem Gesundheitssystem dominieren heute jedoch oft
wirtschaftliche Interessen über den Ansprüchen der Patient*Innen auf optimale
Versorgung. In den letzten Jahrzehnten wurden oft falsche ökonomische Anreize
gesetzt. Wir wollen diese Fehlanreize korrigieren. Wir denken Gesundheitspolitik
weiter - hin zu vernetzten Versorgungsansätzen, die das Wohl der Patient*innen
ganz in den Mittelpunkt stellen.
Alle Menschen sollen die gleichen Chancen haben, ihre körperliche und seelische
Gesundheit zu erhalten und im Krankheitsfall wieder gesund zu werden. Heute gilt
jedoch: wer arm ist, lebt weniger lang und leidet häufiger und früher an einer
Reihe von Erkrankungen. Gesundheitliche Risiken hängen mit dem sozialen Status,
mit dem Einkommen und der Bildung zusammen. Neben dem Zusammenhang „Armut macht
krank“ gilt umgekehrt auch, dass langanhaltende Krankheit oft auch arm macht.
Gesundheitspolitik ist daher immer auch Teil von Sozialpolitik; sie muss
Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft stehen und Menschen mit besonderen
Risiken ganz besondere Beachtung schenken.
In unserem Gesundheitssystem liegt der Schwerpunkt zu stark auf der Behandlung
von Krankheiten und nicht auf Ihrer Vermeidung. Das wollen wir ändern. Wir
wollen Prävention stärken und gerade dort vorbeugende Maßnahmen ergreifen, wo
Menschen aufgrund ihrer sozialen Lage besonders gefährdet sind. Dabei muss
Vorbeugung bereits in der Kindheit und Jugend beginnen und alle wichtigen
Aspekte berücksichtigen - unter anderem Ernährung und Bewegung.
Unsere Gesundheit hängt ganz elementar von unserer Umwelt ab. Dort wo Bienen und
andere Insekten sterben und Vögel deutlich abnehmen, bleibt auch der Mensch
nicht gesund. GRÜNE Umweltpolitik ist daher auch Gesundheitspolitik.
GRÜNE Gesundheitspolitik arbeitet an einer bedarfsgerechten und wohnortnahen
Gesundheitsversorgung aller Menschen in Rheinland-Pfalz.
Gesundheitseinrichtungen und -angebote müssen ohne Hürden und unabhängig von
Alter, sozialem Status, Herkunft oder Geschlecht zugänglich sein - auf dem Land
ebenso wie in der Stadt. Dazu werden wir in allen Gesundheitsberufen für eine
hochwertige Ausbildung und für attraktive Arbeitsbedingungen sorgen, Hürden
zwischen ambulanter und stationärer Versorgung abbauen und die Angebote den
Bedarfen der Menschen anpassen. Die wichtigsten Maßnahmen wollen wir in einem
Landesgesundheits-Gesetz bündeln.
Versorgung sicherstellen - Patient*innen im Mittelpunkt
Für privat Versicherte sind die Zugangswege für ihre gesundheitliche Versorgung
oft einfacher als für Menschen in der Gesetzlichen Krankenversicherung, dabei
erhalten privat Versicherte keinesfalls immer eine bessere Behandlung. Mit der
Grünen Bürgerversicherung wollen wir durch Bundesgesetz allen Bürger*innen eine
gute Versorgung und einen raschen Zugang zu gesundheitlichen Leistungen
ermöglichen. Dazu gehört es auch, Selbständigen eine bezahlbare gesetzliche
Krankenversicherung zu ermöglichen. Auf Landesebene wollen wir Landesbeamt*innen
und Richter*innen, die sich bisher privat versichern müssen und ergänzende
Beihilfe erhielten, ein Wahlrecht für den Zugang zur Gesetzlichen
Krankenversicherung geben.
Im Mittelpunkt unseres gesundheitspolitischen Denkens stehen die Menschen - als
Patient*innen und als Gesunde, die Krankheiten vermeiden wollen. Wir wollen die
Selbstbestimmung und Teilhabemöglichkeiten der Patient*innen stärken. Dazu
fordern wir eine*n hauptamtliche*n Patientenbeauftragte*n des Landes. Ihre*seine
Aufgabe liegt in der Stärkung der Rechte der Patient*innen. Sie*er soll die
Arbeit der Patientenfürsprecher*Innen der Krankenhäuser unterstützen und
vernetzen, Bürgersprechstunden abhalten und jährlich über die Situation der
Patient*innen berichten. Wir unterstützen ein System hochwertiger
Patientenberatung und werden uns im Bund für die Wiedereinrichtung einer
tatsächlich unabhängigen Patientenberatung einsetzen.
Wir wollen eine geschlechtersensible Gesundheitsversorgung und nehmen dabei die
unterschiedlichen Risiken und Belastungen der Geschlechter in den Blick. Dazu
gehören Erkrankungen und Risikofaktoren, die bei Frauen statistisch häufiger
auftreten (z.B. Brustkrebs oder Lipödeme), unbezahlte Fürsorgearbeit und
Angehörigenpflege sowie häusliche und sexuelle Gewalt bei Frauen. Bei Männern
betrifft dies u.a. die besonderen Gefäßrisikofaktoren, die niedrigere
Lebenserwartung, die erhöhte Suizidrate und tradierte Rollenbilder. Erfolgreiche
Gesundheitspolitik ist immer auch erfolgreiche Genderpolitik.
Der Zugang zu guter medizinischer Versorgung muss für alle und jeden immer
gegeben sein ohne Hürden und ohne Diskriminierung.Daher fordern wir, dass alle
Kreise und kreisfreien Städte den bestehenden Anspruch von Sozialhilfe- und
Asylbewerberleistungsberechtigten auf eine Gesundheitskarte einer Krankenkasse
ihrer Wahl („Wie-Mitgliedschaft“) endlich umsetzen. Unsere Grüne Integrations-
Ministerin Anne Spiegel hat die psychologische Unterstützung für traumatisierte
geflüchtete Menschen in unserem Land deutlich verbessert. Weitere angedachte
Reformen beinhalten Verbesserungen bei Dolmetscher*innen für Geflüchtete.
Wohnungslose Menschen finden oft keinen oder nur erschwert Zugang zu
medizinischer Versorgung. Wir fordern, dass bedarfsgerecht ein niederschwelliges
spezielles allgemeinmedizinisches Angebot für diese benachteiligte
Personengruppen entwickelt wird, dass auch die fachärztliche Weiterversorgung
miteinbezieht. Wir sehen die Gesundheitsversorgung als Teil der umfassenden
Obdachlosenhilfe.
Wir haben dafür gesorgt, dass das Land die Einrichtung einer Beratungsstelle
(Clearingstelle) für Menschen unterstützt, die ohne Krankenversicherung
dastehen. Ziel ist es, diesen Menschen Wege in die gesetzliche
Krankenversicherung aufzuzeigen und sie dabei zu unterstützen. Für diese
Beratungsstelle wollen wir ausreichend Fördermittel zur Verfügung stellen.
Ambulante Versorgung stärken
Rheinland-Pfalz verfügt aktuell über eine gute ambulante medizinische
Versorgung, diese Versorgung steht jedoch durch einen zunehmenden
Ärzt*innenmangel und durch die demographische Entwicklung vor großen
Herausforderungen.
Wir GRÜNE wollen eine wohnortnahe hausärztliche und fachärztliche Versorgung der
Menschen in allen Landesteilen erhalten. Die zunehmende Zahl hochbetagter
Menschen wird dabei zusätzliche Anforderungen an das Gesundheitssystem stellen.
Die Versorgung muss stärker vernetzt, barrierefrei und oft auch aufsuchend zu
Hause bei den Patient*Innen stattfinden. Es gibt viele therapeutische und
ärztliche Praxen, die für Menschen mit Behinderung und ältere Menschen nicht
barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Das wollen wir ändern.
Die hausärztliche Betreuung ist das wichtigste Element in der ambulanten
Medizin. Die hausärztliche Versorgung in ländlichen Regionen ist eine der großen
gesundheitspolitischen Aufgaben in unserem Land. Rund 60% der Hausärzt*innen
werden in den nächsten fünf Jahren in Ruhestand gehen. Die Nachbesetzung vieler
Praxen ist nicht sichergestellt. Damit ist zu erwarten, dass Menschen in
medizinischen Einrichtungen in bevölkerungsstärkeren Gemeinden mitversorgt
werden müssen und längere Fahrten zum Arzt in Kauf nehmen müssen. Wo es keinen
ausreichenden ÖPNV gibt, müssen daher besondere Beförderungsmöglichkeiten (z.B.
„Therapietaxis“) für Fahrten zu Ärzt*innen und Therapeut*innen geschaffen
werden.
Inzwischen sind nicht mehr nur großstadtferne Bereiche vom Hausärztemangel
betroffen. Das Land Rheinland-Pfalz hat seit 2007 zusammen mit der
Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesärztekammer , dem Hausärzteverband und
der Universitätsmedizin Mainz im Rahmen eines Masterplans Maßnahmen entwickelt;
dazu gehören finanzielle Förderungen für die Niederlassung in bestimmten
Regionen oder von Zweigarztpraxen, die Unterstützung der Aus- und Weiterbildung
und zuletzt eine Landarztquote für Medizinstudierende, eine Maßnahme die wenn
überhaupt erst in vielen Jahren wirkt. Daneben gibt es einen Strukturfonds zur
Sicherstellung der ärztlichen Versorgung durch die Kassenärztliche Vereinigung
(KV) in Rheinland-Pfalz. Durch diese Maßnahmen hat sich die Versorgungssituation
in einigen Regionen in Rheinland-Pfalz gebessert. Weitere Schritte sind jedoch
notwendig.
Auch in vielen fachärztlichen Bereichen ist die Versorgung in den nächsten
Jahren zunehmend bedroht. Häufig werden Ärzt*innen aus Osteuropa, Nordafrika und
anderen Regionen für die fachärztliche Ausbildung in unseren Krankenhäusern und
Arztpraxen angestellt. In vielen Ländern ist dadurch die gesundheitliche
Versorgung inzwischen stark bedroht. Wir setzen auf eine bedarfsdeckende Zahl
von Medizinstudienplätzen und Arztausbildungsstellen in Rheinland-Pfalz.
Wir GRÜNEN fordern folgende Maßnahmen zur Sicherstellung der ambulanten
medizinischen Versorgung für die Menschen in Rheinland-Pfalz.
Wir brauchen mehr Medizinstudienplätze im Land! Die Zahl der
Medizinstudienplätze wird in der laufenden Wahlperiode um 10 %
aufgestockt. Diese Entwicklung weist in die richtige Richtung, aber muss
weitergehen und intensiviert werden. Deshalb wollen wir auch über das Jahr
2021 hinaus mehr Studienplätze schaffen. Langfristig wollen wir den Aufbau
einer zweiten Universitätsmedizin in Rheinland-Pfalz in den Blick nehmen.
Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Regionalisierung des
klinischen Studiums. Diese wird jetzt in Trier umgesetzt. Diesen Schritt
begrüßen wir, denn eine ärztliche Ausbildung vor Ort erhöht die Chancen,
dass die jungen Ärzt*innen in der Region bleiben.
Die Förderprogramme zur hausärztlichen Versorgung müssen weiter ausgebaut
und finanziell gestärkt werden sowie auf unterversorgte fachärztliche
Bereiche ausgedehnt werden. Die Beratung der Kommunen mit drohendem
Ärztemangel muss verbessert werden.
Wir brauchen vermehrt Anreizsysteme, um eine Niederlassung in ländlichen
Gebieten und in städtischen Problemgebieten zu fördern.
Gut ausgebildete Medizinische Fachangestellte und Pflegekräfte können die
Ärzt*innen im Alltag wirkungsvoll unterstützen und die Versorgung der
Patient*Innen verbessern. Zum Beispiel können Versorgungsassistent*innen
in der Hausarztpraxis (VeraH) Hausbesuche machen, Aufgaben wie die
Wundversorgung übernehmen, mit Pflegestützpunkten zusammenarbeiten und
Komplikationen gemeinsam vorbeugen. Wir wollen die Aus- und Weiterbildung
dieser Berufsgruppen unterstützen und fördern, um die Attraktivität der
Pflegeberufe zu erhöhen und Ärzt*innen zu entlasten.
Wo die Patient*innen weite Wege zu medizinischen Einrichtungen in Kauf
nehmen müssen, wollen wir Bürgerbusse, Hol- und Bringdienste (z.B.
„Therapietaxis) und mobile ärztliche Praxen mit Sprechstunden vor Ort
fördern, um die Versorgung der Menschen aufrecht zu erhalten.
Wir wollen ein Förderprogramm zum barrierefreien Umbau und zur
barrierefreien Ausstattung für ärztliche und therapeutischen Praxen.
Telemedizinische Angebote können spezialisierte Angebote auch in
abgelegenere Regionen bringen, sie sollen den menschlichen Kontakt aber
nicht ersetzen. Daher wollen wir telemedizinische Angebote dort
unterstützen, wo sie sinnvoll sind und Versorgungsdefizite ausgleichen
können.
Niedergelassene Ärzt*innen, Krankenhäuser und Pflegeheime müssen enger
zusammenarbeiten. In Regionen mit ärztlicher Unterversorgung müssen auch
die Kliniken die ambulante Versorgung mitübernehmen. Dabei dürfen nicht
mehr stationäre Aufenthalte das Ergebnis sein, im Gegenteil sollen
unnötige Einweisungen, gerade bei älteren Menschen, vermieden werden.
Wir wollen die Beratung für Kommunen verbessern, die Medizinische
Versorgungszentren (MVZ) gründen wollen und Modellprojekte fördern.
Wir wollen die Gründung von vertragsärztlichen Praxiskliniken fördern und
die bestehenden Hürden abbauen.
Alle Maßnahmen wollen wir in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden, Kammern und
Patientenvertreter*innen weiterentwickeln und umsetzen.
Stationäre Versorgung
Rheinland-Pfalz weist ein vielgliedriges stationäres Versorgungsangebot auf, von
der Universitätsmedizin bis zum Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung vor
Ort.
Kleine ländliche Krankenhäuser leisten einen wichtigen Beitrag für die
wohnortnahe Versorgung. Zum Teil können sie jedoch als reines Krankenhaus nicht
mehr betrieben werden. Wir GRÜNE unterstützen eine Weiterentwicklung solcher
Krankenhäuser hin zu lokalen Gesundheitszentren, die Pflege- und
Beratungsbereiche integrieren und sich mit niedergelassenen Ärzten vernetzen
können, um ein bedarfsgerechtes Angebot für die Menschen aufrecht zu erhalten.
Gesundheitszentren können primär ambulante, klinikgestützte oder
sektorenübergreifend vernetzte Einrichtungen sein.
In Rheinland-Pfalz besteht eine hohe Inanspruchnahme von stationären
Krankenhausleistungen auch für leichtere medizinische Probleme. Ein besseres
Angebot an tagesklinischen oder ambulanten Leistungen sowie von Praxiskliniken
und Medizinischen Versorgungszentren kann hier hilfreich sein. Auch hierfür
können Gesundheitszentren gute Lösungen anbieten.
Das Land hat einen neuen Landeskrankenhausplan verabschiedet mit einer
Gültigkeit von 2019 – 2025. Er ist als Rahmenplan angelegt, um den
Krankenhäusern genügend Spielraum zu lassen vor dem Hintergrund der
„marktregulatorischen“ Elemente, die sich aus dem aktuellen Finanzierungssystem
(DRG-System) ergeben. Wir sehen diesen Ansatz und das DRG-System kritisch.
Gesundheitsdienstleistungen sind keine Marktprodukte, sondern Daseinsvorsorge.
Patient*innen sind keine Kund*innen.
Wir GRÜNE wollen die Freiräume der Krankenhäuser erhalten. Gleichzeitig sprechen
wir uns jedoch für mehr Kooperationen und Spezialisierungen der Krankenhäuser
zum Nutzen der Patient*innen aus. Doppelvorhaltungen innerhalb des Nahraums
sollen abgebaut und die Zusammenarbeit der Krankenhäuser gefördert werden. Wir
wollen, dass die Initiative hierzu stärker als bisher von der Landesregierung
ausgeht.
Wir GRÜNE sprechen uns auch dafür aus, das aktuelle
Krankenhausfinanzierungssystem (DRG-System) grundlegend zu reformieren. Aktuell
bestehen viele Fehlanreize hin zu Erbringung hochpreisiger und invasiver
Leistungen, wohingegen ein sanfteres Vorgehen und die Beratung der Patient*innen
weniger belohnt werden. Wir wollen diesen Fehlanreizen entgegenwirken und die
aktuelle Vergütung von Einzelleistungen in ein Budgetbemessungssystem
überführen, in dem auch regionale und soziale Faktoren stärker berücksichtigt
werden. Dafür soll sich das Land bei der Selbstverwaltung und auf Bundesebene
stark machen.
In den Krankenhäusern gab es in den letzten Jahren einen starken
Rationalisierungsdruck, der durch die Betriebskostenfinanzierung (DRG-System)
und durch die zu geringe Investitionsfinanzierung durch die Länder zustande kam.
Die Krankenhäuser finanzieren Ihre Betriebskosten durch das DRG-System, für
Baumaßnahmen und Großgeräte sind hingegen die Länder zuständig. Die zu geringe
Investitionsfinanzierung führt dazu, dass Mittel, die in die
Patientenfinanzierung fließen sollen, z.B. für Baumaßnahmen verwendet werden.
Wir GRÜNE haben für Verbesserungen der Investitionsfinanzierung der
Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz gesorgt und wollen diese sukzessive weiter
verbessern und für eine ausreichende Ausstattung der Häuser sorgen.
Die Rationalisierung in den Krankenhäusern ging vor allem zu Lasten der
Pflegekräfte. Aktuell bleibt eine Pflegekraft in Deutschland nur rund 8 Jahre in
ihrem Beruf. Das ist ein Skandal. Wir wollen die Pflege in den Krankenhäusern
wieder attraktiver machen.
Die Zugänge für Quereinsteiger*innen in die Pflegeberufe wollen wir
niedrigschwelliger gestalten.
Bei ein- und zweijährigen Ausbildungsgängen wollen wir für Durchlässigkeit
sorgen, so dass Höherqualifizierungen möglich sind.
Neue Ausbildungsmodelle wie Teilzeitausbildung und duale Ausbildung sowie
eine modulare, gut geförderte Weiterbildung wollen wir ermöglichen.
Wir unterstützen eine zielgerichtete Akademisierung der Pflegeberufe und
schaffen aber durchlässige Wege aus verwandten Berufen, die keine
Fachhochschulreife voraussetzen.
Wir setzen uns ein für eine bessere Vergütung der Pflegeberufe.
Mit diesen Maßnahmen wollen wir die Pflegeberufe aufwerten und dem
Pflegekräftemangel entgegenwirken.
Den Schritt der Bundesregierung, die Pflegekosten aus der DRG-Finanzierung
herauszunehmen und zusätzliche Pflegekräfte extra zu finanzieren, begrüßen wir.
Hingegen sind die aktuell von der Bundesregierung eingeführten
Pflegepersonaluntergrenzen ein unzureichendes Mittel, da sie zu
Verlagerungseffekten in den Klinken und zu einer Orientierung am erforderlichen
Mindeststandard führen können. Stattdessen fordern wir ein
Personalbemessungsinstrument, das es erlaubt, in jeder Klinik genauso viele
Pflegekräfte einzusetzen wie es die Patient*innen benötigen. Mittelfristig
sollen für alle Berufsgruppen mit Patientenbezug in den Krankenhäusern
Personalbemessungsinstrumente eingeführt werden, damit alle Patient*innen genau
die erforderliche Unterstützung erhalten.
Auch viele andere der zahlreichen aktuellen Reformen des
Bundesgesundheitsministers gehen in die falsche Richtung oder verfehlen ihr
Ziel, wie zum Beispiel das Terminservicegesetz, das raschere Arzttermine
ermöglichen soll. Es ist jedoch teuer und droht die Versorgung Älterer und
chronisch Kranker eher zu verschlechtern. Die Gesetzgebungsprozesse sind oft
intransparent und chaotisch und erschweren die parlamentarische Kontrolle.
Die Qualitätssicherung in den Krankenhäusern wollen wir ausbauen und mehr
Landesprojekte anstoßen. Wir setzen uns für eine Ausweitung der
Ernährungsberatung in den Krankenhäusern und für eine vorbildliche Ernährung der
Patient*innen dort ein.
Der Werbung für die freiwillige Organspende wollen wir ein besonderes Augenmerk
widmen und die Kliniken in die Lage versetzen, in diesem schwierigen Bereich
ihre Aufgaben zu erfüllen. Ebenso wollen wir die Digitalisierung in den Kliniken
fördern, insbesondere dort wo dies die Arbeitsabläufe vereinfachen kann. Die
Einführung der elektronischen Gesundheitskarte betrachten wir aufgrund der
bestehenden Missbrauchsgefahr mit Skepsis und fordern Freiwilligkeit und
allerhöchste Sicherheitsstandards.
Allen Hilfsorganisationen, die sich im Rettungsdienst, aber auch in anderen
Bereichen wie dem Blutspendedienst engagieren, danken wir für die wertvolle
geleistete Arbeit. Die Zusammenarbeit mit den Rettungsdiensten wollen wir
stärken und verbessern. Insbesondere setzen wir uns dafür ein, dass auch in
abgelegenen Gebieten jederzeit ein rascher Transport in die Kliniken möglich
ist. Hierfür ist in Rheinland-Pfalz ein nachtflugtauglicher Hubschrauber
erforderlich, der jederzeit einsatzfähig ist.
Eine Behinderung von Rettungsdiensteinsätzen kann für Erkrankte und Verletzte
große Nachteile bedeuten und stellt einen Straftatbestand dar. Hier bedarf es
größerer Anstrengungen, um unsere Rettungskräfte zu schützen.
Rehabilitation
Rehabilitationsleistungen sollen schwerwiegende Krankheitsfolgen mindern. Sie
können ambulant, teilstationär, stationär und in Form einer mobilen Reha im
häuslichen Umfeld der Patient*innen erfolgen.
Bei der Durchführung der Rehabilitation gilt der Grundsatz „ambulant vor
stationär“. Aufgrund unserer älter werdenden Bevölkerung besteht ein steigender
Bedarf an Rehabilitationsbehandlungen.
Trotzdem ging in Rheinland-Pfalz die Zahl der Reha-Kliniken zwischen 2006 und
2016 von 66 Einrichtungen auf 53 Einrichtungen zurück (-20%; in Deutschland
insgesamt -8%). Bezogen auf die Bevölkerung liegt die Zahl der
Rehabilitationsbehandlungen und die Anzahl der zur Verfügung stehenden Reha-
Betten in RLP unter dem Bundesdurchschnitt.
Die Wartezeit auf einen Reha-Platz ist für die Patient*innen in Rheinland-Pfalz
häufig zu lange. Dies gilt insbesondere für die Frührehabilitation (Phase B-
Reha) für schwer Betroffene.
Wir fordern daher einen Ausbau sowohl des stationären als auch des
teilstationären und mobilen Reha-Angebots in Rheinland-Pfalz und mehr Betten in
der Früh-Reha.
Notwendige Analysen können zeigen, in welchen Landesteilen der Bedarf am größten
ist, um den Menschen eine möglichst wohnortnahe Versorgung zu ermöglichen.
Zusammenarbeit ambulant – stationär. Sektorenübergreifende Versorgung zum Wohl
der Patient*innen
Gute gesundheitliche Versorgung muss sich an den Bedarfen der Menschen
orientieren. Oft ist es heute jedoch so, dass die Patient*innen sich an
untaugliche, historisch gewachsene Strukturen anpassen müssen. Die bedeutsamste
Hürde ist dabei die Abgrenzung zwischen stationärer und ambulanter Medizin.
Gesundheitsplanung muss sich an den Versorgungspfaden der Patient*innen
ausrichten, die nicht an den Sektorengrenzen Halt machen dürfen.
Auf regionaler Ebene wollen wir Gesundheits- oder Versorgungskonferenzen in
öffentlich-rechtlicher Trägerschaft einführen, die von einem oder mehreren
Landkreisen und kreisfreien Städten getragen werden. Regionale
Gesundheitskonferenzen existieren bereits in anderen Ländern, in Rheinland-Pfalz
werden sie selten als Instrument genutzt. Wir wollen sie zum Standard machen. An
diesen Konferenzen sollen unter Leitung des Gesundheitsamtes je nach
Tagesordnung Vertreter der niedergelassenen Ärzt*innen, Krankenhäuser,
Therapeut*innen, Psychotherapeut*innen, Hebammen, Sozialarbeiter*innen und
Pflegedienste, des öffentlichen Gesundheitsdienstes, der Krankenkassen sowie
Patient*innenvertretungen teilnehmen. Die Konferenzen sollen in festen Abständen
tagen, Ziele definieren, Versorgungsdefizite in den Regionen identifizieren,
Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und für eine möglichst gute Zusammenarbeit aller
Beteiligten zum Wohl der Patient*innen sorgen. Auch Aspekte der Prävention
sollen behandelt werden. Sie sollen sich auch um die Optimierung der Versorgung
spezieller Patientengruppen, wie Wohnsitzlose, Menschen mit Behinderungen oder
Demenzkranke kümmern. Der öffentliche Gesundheitsdienst wird für diese Aufgabe
ausgebaut, private Managementgesellschaften bevorzugen wir nicht.
Auf Landesebene soll eine Landesgesundheitskonferenz koordinierende Aufgaben
übernehmen. Best practice Beispiele der Kreise und Regionen können dort
vorgestellt werden und im Land Verbreitung finden. Überregionale
Versorgungsaspekte und die Zusammenarbeit der Kreise und Regionen sollen dort
besprochen werden.
Das gemeinsame Landesgremium nach § 90a SGB V wollen wir stärken und ausbauen.
Es setzt sich zusammen u.a. aus Vertreter*innen des Landes, der Kassenärztlichen
Vereinigung, der Landesverbände der Krankenkassen, der
Landeskrankenhausgesellschaft, der Berufskammern und auf Initiative von uns
GRÜNEN auch aus Patientenvertreter*innen. Es soll Empfehlungen zu
sektorenübergreifenden Versorgungsfragen abgeben. Wir wollen diesem Gremium
sukzessive mehr Kompetenz und planerische Möglichkeiten geben.
Wir GRÜNE wollen regionale Modellprojekte zur sektorenübergreifenden Versorgung
anstoßen, zunächst insbesondere in unterversorgten Regionen.
Mittel- und langfristig können Gesundheitsregionen aus Landkreisen und
kreisfreien Städten regionale Budgets aus der Krankenversicherung zur Verfügung
gestellt bekommen, die sowohl der stationären als auch der ambulanten Versorgung
dienen sollen. Die Budgets dürfen sich dabei nicht nur an der Einwohnerzahl
orientieren, sondern auch an den Krankheitshäufigkeiten und sozialen Bedingungen
vor Ort.
Geburtshilfe stärken – Politik für die Familien
Die Unterstützung und Begleitung durch Hebammen bereits früh in der
Schwangerschaft und rund um die Geburt ist für die Frauen und ihre Familien
unverzichtbar. Familienhebammen sind dabei besonders wichtig. Dabei stehen wir
für eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe und eine qualitativ
hochwertige Geburtshilfe sowie eine Akademisierung des Hebammenberufs wie in
einer aktuellen EU-Vorgabe gefordert.
In Rheinland-Pfalz stieg die Zahl der Hebammen zwischen 2005 und 2017 um rund
ein Drittel, dennoch besteht eine Fachkräftelücke. Wir setzen uns ein für einen
Ausbau der Hebammenausbildung im Ausbildungsstättenplan. Außerdem treten wir ein
für eine bessere Personalbemessung in den Kreißsälen, um die Arbeitsbedingungen
zu verbessern und für die Absicherung der freiberuflichen Hebammen. Die Arbeit
der Hebammen muss aufgewertet und besser bezahlt werden. Die Einrichtung von
Hebammenzentralen wollen wir flächendeckend fördern. Wir unterstützen auch
andere regionale Versorgungsmodelle zur regionalen Versorgung mit Hebammen- und
Geburtshilfeleistungen. Wir wollen die wertvolle Arbeit der Hebammen politisch
langfristig absichern.
In der Laufzeit des letzten Landeskrankenhausplans haben 17 geburtshilfliche
Kliniken ihren Betrieb eingestellt, zuletzt auch geburtenstarke Abteilungen.
Noch ist die Versorgung in Rheinland-Pfalz insgesamt gewährleistet. Die
Landesregierung wird aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten, um den Kliniken
ein Überleben der Geburtshilfe an den verbliebenen Standorten zu ermöglichen.
Wir wollen eine gute Erreichbarkeit durch individuelle regionale Konzepte
aufrechterhalten und den Frauen und jungen Familien ein gutes Angebot machen.
Die Zahl der Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, ist in
Deutschland und in Rheinland-Pfalz deutlich zurückgegangen und zwar stärker als
die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche selbst. Wir wollen die Versorgungslage für
Frauen in Rheinland-Pfalz verbessern, die ungewollt schwanger werden und einen
Schwangerschaftsabbruch vornehmen wollen. Dazu streben wir eine Zusammenarbeit
mit der Landesärztekammer, den Fachverbänden und der Kassenärztlichen
Vereinigung an.
90/90/90 Ziel für Rheinland-Pfalz - HIV und Aids bekämpfen
Die Chance das HI-Virus zu besiegen ist keine Vision mehr, sondern real vorhanden. Unser Ziel ist es, AIDS bis 2030 zu beenden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen bis 2025 90 Prozent der HIV-infizierten Menschen ihren Status kennen, 90 Prozent dieser Menschen sollen in Behandlung sein und bei 90 Prozent der Behandelten eine nachhaltige Unterdrückung der Viruslast stattfinden. Ein weiteres Ziel der Initiative ist der Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV oder AIDS. Hierfür bauen wir die Unterstützung für Aufklärungsprojekte und Unterstützungsangebote aus. Für einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang sollte jede*r den eigenen Status kennen. Deswegen sollen die Möglichkeiten der Schnelltests zur HIV Erkennung weiter ausgebaut werden.
Versorgungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen verbessern
Vor 44 Jahren hat die Psychiatrie-Enquete des Deutschen Bundestags wegweisende
Impulse für die Versorgungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen
erbracht.
Die heutige Realität dieses Versorgungsbereichs bedarf unserer politischen
Aufmerksamkeit: Psychische Erkrankungen nehmen zu. Das Versorgungssystem ist
stark differenziert und weder von Erkrankten, ihren Angehörigen noch von im
Gesundheitssystem Tätigen noch zu überblicken. Lange Wartezeiten auf einen
Therapieplatz, eine unzureichende Verzahnung der ambulanten und stationären
Versorgung, Angst der Betroffenen vor Stigmatisierung: in der Versorgung von
Menschen mit psychischen Erkrankungen gibt es einiges zu tun. Aktuelle Zahlen
der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung zeigen ein
ernüchterndes Bild: die Hälfte aller Fälle im laufenden Jahr entfiel auf
Menschen, die psychotherapeutische oder psychiatrische Hilfe benötigten.
Wir Grüne setzen uns für Versorgungsstrukturen ein, in denen psychisch erkrankte
Menschen schneller psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung bekommen.
Daher begrüßen wir die jüngst vorgenommene Anpassung der
Bedarfsplanungsrichtlinie und die dadurch neu geschaffenen Kassensitze.
Unsere Gesundheitspolitik wird alle von den gesetzliche Krankenversicherungen
finanzierten Versorgungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen
regional vernetzten und so eine für Patient*innen gute, passgenaue und
leitliniengerechte Behandlung ermöglichen. Wir wollen, dass beim Pfalzklinikum
und beim Landesklinikum mit ihren breiten, sektorenübergreifenden Angeboten, von
den Krankenversicherungen die Finanzierung auf ein auskömmliches Globalbudget
umgestellt wird.
Die Beteiligung von Erkrankten und ihren Angehörigen sowie der organisierten
Selbsthilfe in Entscheidungen und in der Gremienarbeit sowie die Förderung von
Autonomie und sozialer Teilhabe sind für unsere Politik selbstverständlich. Wir
wollen eine gute Zusammenarbeit der Versorgungsangebote mit
Integrationsbetrieben und anderen Arbeitgeber*innen und ggf. Betreuer*innen,
Betreuungs- und Sozialgerichten, um die passgenaue Teilhabe am Arbeitsleben und
der Gesellschaft zu ermöglichen.
Im Bereich der Gesundheitsprävention wollen wir verstärkt die Prävention
psychischer Erkrankungen fördern. Der Stigmatisierung von Betroffenen wollen wir
mit Informationskampagnen entgegenwirken.
Heilmittel
Wir GRÜNE setzen uns für eine Aufwertung der Therapeut*innenberufe ein.
Die Gruppe der Heilmittelerbringer*innen in den Bereichen Physiotherapie,
Ernährungstherapie, Ergotherapie, Podologie und Logopädie unterstützen und
begleiten Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt
oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist es, sie bei der Durchführung für
sie bedeutungsvoller Betätigungen in den Bereichen Bewegung, Sprache und
Sprechen, Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit in ihrer persönlichen
Umwelt zu stärken. Die Ausbildung ist zurzeit weitgehend noch an
kostenpflichtigen Schulen und nur wenigen Hochschulen möglich. Dies entspricht
nicht dem Europäischen Niveau. Wir fordern eine kostenfreie Ausbildung mit
ausreichender Kapazität; wo sinnvoll soll diese in Hochschulen erfolgen.
Wir wollen eine faire Bezahlung auch in der Ausbildung. Heilmittelerbringer sind
bundesweit Mangelberufe. Vor allem auf dem Land bleiben offene Stellen
unbesetzt. Die niedrige Entlohnung führt zu einer Flucht aus dem Beruf in andere
Arbeitsfelder.
Eine bessere Koordination zwischen Pflegekräften, Therapeut*innen und Ärzt*innen
unter Einbeziehung der Patient*innen und ihrer Angehörigen ist dringend
erforderlich.
Auf Landesebene soll beim Krankenhaus-Entlass-Management die Zusammenarbeit mit
den weiterbehandelnden Heilmittelerbringern verbessert werden, die Verzögerungen
in der Weiterbehandlung nach einem Krankenhausaufenthalt führen oft zu
Verschlechterungen bei dem Patienten*innen.
Niedergelassene Heilmittelerbringer*innen sind auf Verordnungen durch Haus- und
Fachärzt*innen tätig. Wir prüfen einen Direktzugang zu Heilmittelerbringer*innen
zu Lasten der Sozialversicherungen, sowie es in vielen anderen europäischen
Staaten schon möglich ist.
Bei der Ermöglichung von Teilhabe sind Heilmittelerbringer wichtige Akteure. Mit
ihren spezifischen Aktivitäten verbessern sie die Lebensqualität der Betroffenen
und erweitern sie die Handlungsfähigkeiten im Alltag, Die Handlungsfelder der
Heilmittelerbringer sind weiter zu entwickeln, da sie im Rahmen eines
Inklusionsprozesses unabdingbar sind.
Krankheiten vorbeugen - vor allem dort wo die Risiken hoch sind
Präventionsmaßnahmen dürfen nicht einfach mit der Gießkanne verteilt werden, sie
müssen schwerpunktmäßig dort ansetzen, wo die Menschen besonderen Risiken
ausgesetzt sind.
Nirgendwo in Deutschland leben Menschen so kurz wie in Pirmasens in der West-
Pfalz. Die Lebenserwartung beträgt dort bei Männern rund 73 Jahre und bei Frauen
77 Jahre und damit rund 8 Jahre weniger als in begünstigten deutschen Regionen
wie am Starnberger See. Die Rate an vielen chronischen Erkrankungen, z.B. Herz-
Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen ist hier besonders hoch. Gleichzeitig sind
in Pirmasens besonders viele Menschen arbeitslos oder beziehen Grundsicherung.
Gesundheitspolitik kann nicht die sozialen Benachteiligungen ausgleichen oder
wirtschafts- oder arbeitspolitische Maßnahmen ersetzen wie sie für die Westpfalz
zum Teil bereits eingeleitet wurden. Sie kann aber den Menschen ein Angebot
machen, das auf ihre speziellen Bedarfe zugeschnitten ist und gesundheitlichen
Nachteilen entgegenwirken.
Daher fordern wir als Modellvorhaben ein langfristig angelegtes
Gesundheitsprojekt in Pirmasens. Eingehend müssen zunächst die gesundheitliche
Situation und Versorgung in den Stadtteilen und Quartieren wissenschaftlich
untersucht werden und darauf aufbauend zielgenau Maßnahmen entwickelt werden.
Dies soll mit und nicht für die Bürger*innen oder über ihre Köpfe hinweg
erfolgen. Stadt und Land, Ärzt*innen, Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen,
Therapeut*innen, Pflegekräfte, Wohlfahrtsverbände, Sportvereine,
Selbsthilfegruppen und andere sollen in dem Projekt zusammenarbeiten. Hier ist
es besonders wichtig, die vorhandenen Netzwerke einzubeziehen bzw. zu nutzen
(Pakt für Pirmasens, Demokratie leben, Lern- und Spielstuben u.A.).
Niederschwellige medizinische Angebote, Schulungen und Beratungen und auch
Bildungsprojekte können Teil des Vorhabens sein. Die Erkenntnisse sollen für
andere Regionen nutzbar gemacht werden.
Der Kinder- und Jugendreport der DAK vom Februar 2019 hat für Rheinland-Pfalz im
Bundesvergleich höhere Raten bei einer Reihe von Krankheiten gezeigt,
insbesondere für ADHS, akute Atemwegserkrankungen und krankhaftes Übergewicht.
Wir fordern die Landesregierung auf, diese Ergebnisse anhand weiterer
Krankenkassendaten zu überprüfen, Ursachen zu analysieren und gegebenenfalls
präventive Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen. Viele Erkrankungen bei Kindern
hängen stark mit den Bedingungen des Elternhauses zusammen. Wir Grüne wollen
gesundheits-, sport- und bildungspolitisch gezielt Maßnahmen entwickeln, um den
Nachteilen für Kinder und Jugendliche entgegenzuwirken.
In einem Landesgesundheitsbericht und einer Landesgesundheitskonferenz sollen
jährlich besondere Entwicklungen in der Gesundheit und in der medizinischen
Versorgung in unserem Land und seinen Kreisen und Städten besprochen werden und
geeignete Maßnahmen abgeleitet werden. Es bedarf der landesweiten
Aufmerksamkeit, wenn einzelne Regionen oder gesellschaftliche Gruppen in unserem
Land gesundheitlich abgehängt werden oder wenn die Versorgung in Rheinland-Pfalz
anderen Bundesländern hinterherhinkt.
Prävention erhöht die Lebensqualität für Menschen aller Altersgruppen und sie
senkt Kosten und vermeidet zusätzliche Bedarfe. Vorbeugung steht daher immer vor
Therapie.
Für ein neues Landes-Gesundheitsgesetz
Wir GRÜNE fordern, dass die beschriebenen Reformen in der kommenden
Legislaturperiode in Form eines neuen Landes-Gesundheitsgesetzes beschlossen
werden. Damit soll eine stärkere Orientierung am Nutzen für die Patient*innen,
eine bessere Einbeziehung der Bürger*innen und eine regionale Ausrichtung der
Versorgung erreicht werden.
Ziel unserer Politik ist es, dem Land, den Kreisen und Kommunen mehr Kompetenz
bei der Gestaltung der Versorgung vor Ort zu geben. Langfristig sollen die
getrennte Landeskrankenhausplanung und die Planung der Kassenärztlichen
Vereinigung durch eine gemeinsame Gesundheitsplanung abgelöst werden. Regionale
Gesundheitsbudgets sollen dann die aktuellen sektoralen Budgets für
Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte ersetzen. In die regionalen Budgets
sollen langfristig auch Mittel aus den verschiedenen Sozialgesetzbüchern (SGB V,
Gesetzliche Krankenversicherung; SGB VI, Gesetzliche Rentenversicherung mit
ihren rehabilitativen Aufgaben; SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung; SGB IX,
Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen; SGB XI Pflegeversicherung)
einfließen, um auf unbürokratische Weise eine gute Versorgung der Menschen zu
verwirklichen. Für eine solche rechtskreisübergreifende Versorgung wollen wir
GRÜNE uns bundespolitisch stark machen.
Von Zeile 369 bis 370 einfügen:
mit der Landesärztekammer, den Fachverbänden und der Kassenärztlichen Vereinigung an.
90/90/90 Ziel für Rheinland-Pfalz - HIV und Aids bekämpfen
Die Chance das HI-Virus zu besiegen ist keine Vision mehr, sondern real vorhanden. Unser Ziel ist es, AIDS bis 2030 zu beenden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen bis 2025 90 Prozent der HIV-infizierten Menschen ihren Status kennen, 90 Prozent dieser Menschen sollen in Behandlung sein und bei 90 Prozent der Behandelten eine nachhaltige Unterdrückung der Viruslast stattfinden. Ein weiteres Ziel der Initiative ist der Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV oder AIDS. Hierfür bauen wir die Unterstützung für Aufklärungsprojekte und Unterstützungsangebote aus. Für einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang sollte jede*r den eigenen Status kennen. Deswegen sollen die Möglichkeiten der Schnelltests zur HIV Erkennung weiter ausgebaut werden.
GRÜNE Gesundheitspolitik orientiert sich an den Menschen
Unser Ziel ist es, dass alle Menschen eine bestmögliche Gesundheitsversorgung
erhalten. In unserem Gesundheitssystem dominieren heute jedoch oft
wirtschaftliche Interessen über den Ansprüchen der Patient*Innen auf optimale
Versorgung. In den letzten Jahrzehnten wurden oft falsche ökonomische Anreize
gesetzt. Wir wollen diese Fehlanreize korrigieren. Wir denken Gesundheitspolitik
weiter - hin zu vernetzten Versorgungsansätzen, die das Wohl der Patient*innen
ganz in den Mittelpunkt stellen.
Alle Menschen sollen die gleichen Chancen haben, ihre körperliche und seelische
Gesundheit zu erhalten und im Krankheitsfall wieder gesund zu werden. Heute gilt
jedoch: wer arm ist, lebt weniger lang und leidet häufiger und früher an einer
Reihe von Erkrankungen. Gesundheitliche Risiken hängen mit dem sozialen Status,
mit dem Einkommen und der Bildung zusammen. Neben dem Zusammenhang „Armut macht
krank“ gilt umgekehrt auch, dass langanhaltende Krankheit oft auch arm macht.
Gesundheitspolitik ist daher immer auch Teil von Sozialpolitik; sie muss
Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft stehen und Menschen mit besonderen
Risiken ganz besondere Beachtung schenken.
In unserem Gesundheitssystem liegt der Schwerpunkt zu stark auf der Behandlung
von Krankheiten und nicht auf Ihrer Vermeidung. Das wollen wir ändern. Wir
wollen Prävention stärken und gerade dort vorbeugende Maßnahmen ergreifen, wo
Menschen aufgrund ihrer sozialen Lage besonders gefährdet sind. Dabei muss
Vorbeugung bereits in der Kindheit und Jugend beginnen und alle wichtigen
Aspekte berücksichtigen - unter anderem Ernährung und Bewegung.
Unsere Gesundheit hängt ganz elementar von unserer Umwelt ab. Dort wo Bienen und
andere Insekten sterben und Vögel deutlich abnehmen, bleibt auch der Mensch
nicht gesund. GRÜNE Umweltpolitik ist daher auch Gesundheitspolitik.
GRÜNE Gesundheitspolitik arbeitet an einer bedarfsgerechten und wohnortnahen
Gesundheitsversorgung aller Menschen in Rheinland-Pfalz.
Gesundheitseinrichtungen und -angebote müssen ohne Hürden und unabhängig von
Alter, sozialem Status, Herkunft oder Geschlecht zugänglich sein - auf dem Land
ebenso wie in der Stadt. Dazu werden wir in allen Gesundheitsberufen für eine
hochwertige Ausbildung und für attraktive Arbeitsbedingungen sorgen, Hürden
zwischen ambulanter und stationärer Versorgung abbauen und die Angebote den
Bedarfen der Menschen anpassen. Die wichtigsten Maßnahmen wollen wir in einem
Landesgesundheits-Gesetz bündeln.
Versorgung sicherstellen - Patient*innen im Mittelpunkt
Für privat Versicherte sind die Zugangswege für ihre gesundheitliche Versorgung
oft einfacher als für Menschen in der Gesetzlichen Krankenversicherung, dabei
erhalten privat Versicherte keinesfalls immer eine bessere Behandlung. Mit der
Grünen Bürgerversicherung wollen wir durch Bundesgesetz allen Bürger*innen eine
gute Versorgung und einen raschen Zugang zu gesundheitlichen Leistungen
ermöglichen. Dazu gehört es auch, Selbständigen eine bezahlbare gesetzliche
Krankenversicherung zu ermöglichen. Auf Landesebene wollen wir Landesbeamt*innen
und Richter*innen, die sich bisher privat versichern müssen und ergänzende
Beihilfe erhielten, ein Wahlrecht für den Zugang zur Gesetzlichen
Krankenversicherung geben.
Im Mittelpunkt unseres gesundheitspolitischen Denkens stehen die Menschen - als
Patient*innen und als Gesunde, die Krankheiten vermeiden wollen. Wir wollen die
Selbstbestimmung und Teilhabemöglichkeiten der Patient*innen stärken. Dazu
fordern wir eine*n hauptamtliche*n Patientenbeauftragte*n des Landes. Ihre*seine
Aufgabe liegt in der Stärkung der Rechte der Patient*innen. Sie*er soll die
Arbeit der Patientenfürsprecher*Innen der Krankenhäuser unterstützen und
vernetzen, Bürgersprechstunden abhalten und jährlich über die Situation der
Patient*innen berichten. Wir unterstützen ein System hochwertiger
Patientenberatung und werden uns im Bund für die Wiedereinrichtung einer
tatsächlich unabhängigen Patientenberatung einsetzen.
Wir wollen eine geschlechtersensible Gesundheitsversorgung und nehmen dabei die
unterschiedlichen Risiken und Belastungen der Geschlechter in den Blick. Dazu
gehören Erkrankungen und Risikofaktoren, die bei Frauen statistisch häufiger
auftreten (z.B. Brustkrebs oder Lipödeme), unbezahlte Fürsorgearbeit und
Angehörigenpflege sowie häusliche und sexuelle Gewalt bei Frauen. Bei Männern
betrifft dies u.a. die besonderen Gefäßrisikofaktoren, die niedrigere
Lebenserwartung, die erhöhte Suizidrate und tradierte Rollenbilder. Erfolgreiche
Gesundheitspolitik ist immer auch erfolgreiche Genderpolitik.
Der Zugang zu guter medizinischer Versorgung muss für alle und jeden immer
gegeben sein ohne Hürden und ohne Diskriminierung.Daher fordern wir, dass alle
Kreise und kreisfreien Städte den bestehenden Anspruch von Sozialhilfe- und
Asylbewerberleistungsberechtigten auf eine Gesundheitskarte einer Krankenkasse
ihrer Wahl („Wie-Mitgliedschaft“) endlich umsetzen. Unsere Grüne Integrations-
Ministerin Anne Spiegel hat die psychologische Unterstützung für traumatisierte
geflüchtete Menschen in unserem Land deutlich verbessert. Weitere angedachte
Reformen beinhalten Verbesserungen bei Dolmetscher*innen für Geflüchtete.
Wohnungslose Menschen finden oft keinen oder nur erschwert Zugang zu
medizinischer Versorgung. Wir fordern, dass bedarfsgerecht ein niederschwelliges
spezielles allgemeinmedizinisches Angebot für diese benachteiligte
Personengruppen entwickelt wird, dass auch die fachärztliche Weiterversorgung
miteinbezieht. Wir sehen die Gesundheitsversorgung als Teil der umfassenden
Obdachlosenhilfe.
Wir haben dafür gesorgt, dass das Land die Einrichtung einer Beratungsstelle
(Clearingstelle) für Menschen unterstützt, die ohne Krankenversicherung
dastehen. Ziel ist es, diesen Menschen Wege in die gesetzliche
Krankenversicherung aufzuzeigen und sie dabei zu unterstützen. Für diese
Beratungsstelle wollen wir ausreichend Fördermittel zur Verfügung stellen.
Ambulante Versorgung stärken
Rheinland-Pfalz verfügt aktuell über eine gute ambulante medizinische
Versorgung, diese Versorgung steht jedoch durch einen zunehmenden
Ärzt*innenmangel und durch die demographische Entwicklung vor großen
Herausforderungen.
Wir GRÜNE wollen eine wohnortnahe hausärztliche und fachärztliche Versorgung der
Menschen in allen Landesteilen erhalten. Die zunehmende Zahl hochbetagter
Menschen wird dabei zusätzliche Anforderungen an das Gesundheitssystem stellen.
Die Versorgung muss stärker vernetzt, barrierefrei und oft auch aufsuchend zu
Hause bei den Patient*Innen stattfinden. Es gibt viele therapeutische und
ärztliche Praxen, die für Menschen mit Behinderung und ältere Menschen nicht
barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Das wollen wir ändern.
Die hausärztliche Betreuung ist das wichtigste Element in der ambulanten
Medizin. Die hausärztliche Versorgung in ländlichen Regionen ist eine der großen
gesundheitspolitischen Aufgaben in unserem Land. Rund 60% der Hausärzt*innen
werden in den nächsten fünf Jahren in Ruhestand gehen. Die Nachbesetzung vieler
Praxen ist nicht sichergestellt. Damit ist zu erwarten, dass Menschen in
medizinischen Einrichtungen in bevölkerungsstärkeren Gemeinden mitversorgt
werden müssen und längere Fahrten zum Arzt in Kauf nehmen müssen. Wo es keinen
ausreichenden ÖPNV gibt, müssen daher besondere Beförderungsmöglichkeiten (z.B.
„Therapietaxis“) für Fahrten zu Ärzt*innen und Therapeut*innen geschaffen
werden.
Inzwischen sind nicht mehr nur großstadtferne Bereiche vom Hausärztemangel
betroffen. Das Land Rheinland-Pfalz hat seit 2007 zusammen mit der
Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesärztekammer , dem Hausärzteverband und
der Universitätsmedizin Mainz im Rahmen eines Masterplans Maßnahmen entwickelt;
dazu gehören finanzielle Förderungen für die Niederlassung in bestimmten
Regionen oder von Zweigarztpraxen, die Unterstützung der Aus- und Weiterbildung
und zuletzt eine Landarztquote für Medizinstudierende, eine Maßnahme die wenn
überhaupt erst in vielen Jahren wirkt. Daneben gibt es einen Strukturfonds zur
Sicherstellung der ärztlichen Versorgung durch die Kassenärztliche Vereinigung
(KV) in Rheinland-Pfalz. Durch diese Maßnahmen hat sich die Versorgungssituation
in einigen Regionen in Rheinland-Pfalz gebessert. Weitere Schritte sind jedoch
notwendig.
Auch in vielen fachärztlichen Bereichen ist die Versorgung in den nächsten
Jahren zunehmend bedroht. Häufig werden Ärzt*innen aus Osteuropa, Nordafrika und
anderen Regionen für die fachärztliche Ausbildung in unseren Krankenhäusern und
Arztpraxen angestellt. In vielen Ländern ist dadurch die gesundheitliche
Versorgung inzwischen stark bedroht. Wir setzen auf eine bedarfsdeckende Zahl
von Medizinstudienplätzen und Arztausbildungsstellen in Rheinland-Pfalz.
Wir GRÜNEN fordern folgende Maßnahmen zur Sicherstellung der ambulanten
medizinischen Versorgung für die Menschen in Rheinland-Pfalz.
Wir brauchen mehr Medizinstudienplätze im Land! Die Zahl der
Medizinstudienplätze wird in der laufenden Wahlperiode um 10 %
aufgestockt. Diese Entwicklung weist in die richtige Richtung, aber muss
weitergehen und intensiviert werden. Deshalb wollen wir auch über das Jahr
2021 hinaus mehr Studienplätze schaffen. Langfristig wollen wir den Aufbau
einer zweiten Universitätsmedizin in Rheinland-Pfalz in den Blick nehmen.
Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Regionalisierung des
klinischen Studiums. Diese wird jetzt in Trier umgesetzt. Diesen Schritt
begrüßen wir, denn eine ärztliche Ausbildung vor Ort erhöht die Chancen,
dass die jungen Ärzt*innen in der Region bleiben.
Die Förderprogramme zur hausärztlichen Versorgung müssen weiter ausgebaut
und finanziell gestärkt werden sowie auf unterversorgte fachärztliche
Bereiche ausgedehnt werden. Die Beratung der Kommunen mit drohendem
Ärztemangel muss verbessert werden.
Wir brauchen vermehrt Anreizsysteme, um eine Niederlassung in ländlichen
Gebieten und in städtischen Problemgebieten zu fördern.
Gut ausgebildete Medizinische Fachangestellte und Pflegekräfte können die
Ärzt*innen im Alltag wirkungsvoll unterstützen und die Versorgung der
Patient*Innen verbessern. Zum Beispiel können Versorgungsassistent*innen
in der Hausarztpraxis (VeraH) Hausbesuche machen, Aufgaben wie die
Wundversorgung übernehmen, mit Pflegestützpunkten zusammenarbeiten und
Komplikationen gemeinsam vorbeugen. Wir wollen die Aus- und Weiterbildung
dieser Berufsgruppen unterstützen und fördern, um die Attraktivität der
Pflegeberufe zu erhöhen und Ärzt*innen zu entlasten.
Wo die Patient*innen weite Wege zu medizinischen Einrichtungen in Kauf
nehmen müssen, wollen wir Bürgerbusse, Hol- und Bringdienste (z.B.
„Therapietaxis) und mobile ärztliche Praxen mit Sprechstunden vor Ort
fördern, um die Versorgung der Menschen aufrecht zu erhalten.
Wir wollen ein Förderprogramm zum barrierefreien Umbau und zur
barrierefreien Ausstattung für ärztliche und therapeutischen Praxen.
Telemedizinische Angebote können spezialisierte Angebote auch in
abgelegenere Regionen bringen, sie sollen den menschlichen Kontakt aber
nicht ersetzen. Daher wollen wir telemedizinische Angebote dort
unterstützen, wo sie sinnvoll sind und Versorgungsdefizite ausgleichen
können.
Niedergelassene Ärzt*innen, Krankenhäuser und Pflegeheime müssen enger
zusammenarbeiten. In Regionen mit ärztlicher Unterversorgung müssen auch
die Kliniken die ambulante Versorgung mitübernehmen. Dabei dürfen nicht
mehr stationäre Aufenthalte das Ergebnis sein, im Gegenteil sollen
unnötige Einweisungen, gerade bei älteren Menschen, vermieden werden.
Wir wollen die Beratung für Kommunen verbessern, die Medizinische
Versorgungszentren (MVZ) gründen wollen und Modellprojekte fördern.
Wir wollen die Gründung von vertragsärztlichen Praxiskliniken fördern und
die bestehenden Hürden abbauen.
Alle Maßnahmen wollen wir in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden, Kammern und
Patientenvertreter*innen weiterentwickeln und umsetzen.
Stationäre Versorgung
Rheinland-Pfalz weist ein vielgliedriges stationäres Versorgungsangebot auf, von
der Universitätsmedizin bis zum Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung vor
Ort.
Kleine ländliche Krankenhäuser leisten einen wichtigen Beitrag für die
wohnortnahe Versorgung. Zum Teil können sie jedoch als reines Krankenhaus nicht
mehr betrieben werden. Wir GRÜNE unterstützen eine Weiterentwicklung solcher
Krankenhäuser hin zu lokalen Gesundheitszentren, die Pflege- und
Beratungsbereiche integrieren und sich mit niedergelassenen Ärzten vernetzen
können, um ein bedarfsgerechtes Angebot für die Menschen aufrecht zu erhalten.
Gesundheitszentren können primär ambulante, klinikgestützte oder
sektorenübergreifend vernetzte Einrichtungen sein.
In Rheinland-Pfalz besteht eine hohe Inanspruchnahme von stationären
Krankenhausleistungen auch für leichtere medizinische Probleme. Ein besseres
Angebot an tagesklinischen oder ambulanten Leistungen sowie von Praxiskliniken
und Medizinischen Versorgungszentren kann hier hilfreich sein. Auch hierfür
können Gesundheitszentren gute Lösungen anbieten.
Das Land hat einen neuen Landeskrankenhausplan verabschiedet mit einer
Gültigkeit von 2019 – 2025. Er ist als Rahmenplan angelegt, um den
Krankenhäusern genügend Spielraum zu lassen vor dem Hintergrund der
„marktregulatorischen“ Elemente, die sich aus dem aktuellen Finanzierungssystem
(DRG-System) ergeben. Wir sehen diesen Ansatz und das DRG-System kritisch.
Gesundheitsdienstleistungen sind keine Marktprodukte, sondern Daseinsvorsorge.
Patient*innen sind keine Kund*innen.
Wir GRÜNE wollen die Freiräume der Krankenhäuser erhalten. Gleichzeitig sprechen
wir uns jedoch für mehr Kooperationen und Spezialisierungen der Krankenhäuser
zum Nutzen der Patient*innen aus. Doppelvorhaltungen innerhalb des Nahraums
sollen abgebaut und die Zusammenarbeit der Krankenhäuser gefördert werden. Wir
wollen, dass die Initiative hierzu stärker als bisher von der Landesregierung
ausgeht.
Wir GRÜNE sprechen uns auch dafür aus, das aktuelle
Krankenhausfinanzierungssystem (DRG-System) grundlegend zu reformieren. Aktuell
bestehen viele Fehlanreize hin zu Erbringung hochpreisiger und invasiver
Leistungen, wohingegen ein sanfteres Vorgehen und die Beratung der Patient*innen
weniger belohnt werden. Wir wollen diesen Fehlanreizen entgegenwirken und die
aktuelle Vergütung von Einzelleistungen in ein Budgetbemessungssystem
überführen, in dem auch regionale und soziale Faktoren stärker berücksichtigt
werden. Dafür soll sich das Land bei der Selbstverwaltung und auf Bundesebene
stark machen.
In den Krankenhäusern gab es in den letzten Jahren einen starken
Rationalisierungsdruck, der durch die Betriebskostenfinanzierung (DRG-System)
und durch die zu geringe Investitionsfinanzierung durch die Länder zustande kam.
Die Krankenhäuser finanzieren Ihre Betriebskosten durch das DRG-System, für
Baumaßnahmen und Großgeräte sind hingegen die Länder zuständig. Die zu geringe
Investitionsfinanzierung führt dazu, dass Mittel, die in die
Patientenfinanzierung fließen sollen, z.B. für Baumaßnahmen verwendet werden.
Wir GRÜNE haben für Verbesserungen der Investitionsfinanzierung der
Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz gesorgt und wollen diese sukzessive weiter
verbessern und für eine ausreichende Ausstattung der Häuser sorgen.
Die Rationalisierung in den Krankenhäusern ging vor allem zu Lasten der
Pflegekräfte. Aktuell bleibt eine Pflegekraft in Deutschland nur rund 8 Jahre in
ihrem Beruf. Das ist ein Skandal. Wir wollen die Pflege in den Krankenhäusern
wieder attraktiver machen.
Die Zugänge für Quereinsteiger*innen in die Pflegeberufe wollen wir
niedrigschwelliger gestalten.
Bei ein- und zweijährigen Ausbildungsgängen wollen wir für Durchlässigkeit
sorgen, so dass Höherqualifizierungen möglich sind.
Neue Ausbildungsmodelle wie Teilzeitausbildung und duale Ausbildung sowie
eine modulare, gut geförderte Weiterbildung wollen wir ermöglichen.
Wir unterstützen eine zielgerichtete Akademisierung der Pflegeberufe und
schaffen aber durchlässige Wege aus verwandten Berufen, die keine
Fachhochschulreife voraussetzen.
Wir setzen uns ein für eine bessere Vergütung der Pflegeberufe.
Mit diesen Maßnahmen wollen wir die Pflegeberufe aufwerten und dem
Pflegekräftemangel entgegenwirken.
Den Schritt der Bundesregierung, die Pflegekosten aus der DRG-Finanzierung
herauszunehmen und zusätzliche Pflegekräfte extra zu finanzieren, begrüßen wir.
Hingegen sind die aktuell von der Bundesregierung eingeführten
Pflegepersonaluntergrenzen ein unzureichendes Mittel, da sie zu
Verlagerungseffekten in den Klinken und zu einer Orientierung am erforderlichen
Mindeststandard führen können. Stattdessen fordern wir ein
Personalbemessungsinstrument, das es erlaubt, in jeder Klinik genauso viele
Pflegekräfte einzusetzen wie es die Patient*innen benötigen. Mittelfristig
sollen für alle Berufsgruppen mit Patientenbezug in den Krankenhäusern
Personalbemessungsinstrumente eingeführt werden, damit alle Patient*innen genau
die erforderliche Unterstützung erhalten.
Auch viele andere der zahlreichen aktuellen Reformen des
Bundesgesundheitsministers gehen in die falsche Richtung oder verfehlen ihr
Ziel, wie zum Beispiel das Terminservicegesetz, das raschere Arzttermine
ermöglichen soll. Es ist jedoch teuer und droht die Versorgung Älterer und
chronisch Kranker eher zu verschlechtern. Die Gesetzgebungsprozesse sind oft
intransparent und chaotisch und erschweren die parlamentarische Kontrolle.
Die Qualitätssicherung in den Krankenhäusern wollen wir ausbauen und mehr
Landesprojekte anstoßen. Wir setzen uns für eine Ausweitung der
Ernährungsberatung in den Krankenhäusern und für eine vorbildliche Ernährung der
Patient*innen dort ein.
Der Werbung für die freiwillige Organspende wollen wir ein besonderes Augenmerk
widmen und die Kliniken in die Lage versetzen, in diesem schwierigen Bereich
ihre Aufgaben zu erfüllen. Ebenso wollen wir die Digitalisierung in den Kliniken
fördern, insbesondere dort wo dies die Arbeitsabläufe vereinfachen kann. Die
Einführung der elektronischen Gesundheitskarte betrachten wir aufgrund der
bestehenden Missbrauchsgefahr mit Skepsis und fordern Freiwilligkeit und
allerhöchste Sicherheitsstandards.
Allen Hilfsorganisationen, die sich im Rettungsdienst, aber auch in anderen
Bereichen wie dem Blutspendedienst engagieren, danken wir für die wertvolle
geleistete Arbeit. Die Zusammenarbeit mit den Rettungsdiensten wollen wir
stärken und verbessern. Insbesondere setzen wir uns dafür ein, dass auch in
abgelegenen Gebieten jederzeit ein rascher Transport in die Kliniken möglich
ist. Hierfür ist in Rheinland-Pfalz ein nachtflugtauglicher Hubschrauber
erforderlich, der jederzeit einsatzfähig ist.
Eine Behinderung von Rettungsdiensteinsätzen kann für Erkrankte und Verletzte
große Nachteile bedeuten und stellt einen Straftatbestand dar. Hier bedarf es
größerer Anstrengungen, um unsere Rettungskräfte zu schützen.
Rehabilitation
Rehabilitationsleistungen sollen schwerwiegende Krankheitsfolgen mindern. Sie
können ambulant, teilstationär, stationär und in Form einer mobilen Reha im
häuslichen Umfeld der Patient*innen erfolgen.
Bei der Durchführung der Rehabilitation gilt der Grundsatz „ambulant vor
stationär“. Aufgrund unserer älter werdenden Bevölkerung besteht ein steigender
Bedarf an Rehabilitationsbehandlungen.
Trotzdem ging in Rheinland-Pfalz die Zahl der Reha-Kliniken zwischen 2006 und
2016 von 66 Einrichtungen auf 53 Einrichtungen zurück (-20%; in Deutschland
insgesamt -8%). Bezogen auf die Bevölkerung liegt die Zahl der
Rehabilitationsbehandlungen und die Anzahl der zur Verfügung stehenden Reha-
Betten in RLP unter dem Bundesdurchschnitt.
Die Wartezeit auf einen Reha-Platz ist für die Patient*innen in Rheinland-Pfalz
häufig zu lange. Dies gilt insbesondere für die Frührehabilitation (Phase B-
Reha) für schwer Betroffene.
Wir fordern daher einen Ausbau sowohl des stationären als auch des
teilstationären und mobilen Reha-Angebots in Rheinland-Pfalz und mehr Betten in
der Früh-Reha.
Notwendige Analysen können zeigen, in welchen Landesteilen der Bedarf am größten
ist, um den Menschen eine möglichst wohnortnahe Versorgung zu ermöglichen.
Zusammenarbeit ambulant – stationär. Sektorenübergreifende Versorgung zum Wohl
der Patient*innen
Gute gesundheitliche Versorgung muss sich an den Bedarfen der Menschen
orientieren. Oft ist es heute jedoch so, dass die Patient*innen sich an
untaugliche, historisch gewachsene Strukturen anpassen müssen. Die bedeutsamste
Hürde ist dabei die Abgrenzung zwischen stationärer und ambulanter Medizin.
Gesundheitsplanung muss sich an den Versorgungspfaden der Patient*innen
ausrichten, die nicht an den Sektorengrenzen Halt machen dürfen.
Auf regionaler Ebene wollen wir Gesundheits- oder Versorgungskonferenzen in
öffentlich-rechtlicher Trägerschaft einführen, die von einem oder mehreren
Landkreisen und kreisfreien Städten getragen werden. Regionale
Gesundheitskonferenzen existieren bereits in anderen Ländern, in Rheinland-Pfalz
werden sie selten als Instrument genutzt. Wir wollen sie zum Standard machen. An
diesen Konferenzen sollen unter Leitung des Gesundheitsamtes je nach
Tagesordnung Vertreter der niedergelassenen Ärzt*innen, Krankenhäuser,
Therapeut*innen, Psychotherapeut*innen, Hebammen, Sozialarbeiter*innen und
Pflegedienste, des öffentlichen Gesundheitsdienstes, der Krankenkassen sowie
Patient*innenvertretungen teilnehmen. Die Konferenzen sollen in festen Abständen
tagen, Ziele definieren, Versorgungsdefizite in den Regionen identifizieren,
Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und für eine möglichst gute Zusammenarbeit aller
Beteiligten zum Wohl der Patient*innen sorgen. Auch Aspekte der Prävention
sollen behandelt werden. Sie sollen sich auch um die Optimierung der Versorgung
spezieller Patientengruppen, wie Wohnsitzlose, Menschen mit Behinderungen oder
Demenzkranke kümmern. Der öffentliche Gesundheitsdienst wird für diese Aufgabe
ausgebaut, private Managementgesellschaften bevorzugen wir nicht.
Auf Landesebene soll eine Landesgesundheitskonferenz koordinierende Aufgaben
übernehmen. Best practice Beispiele der Kreise und Regionen können dort
vorgestellt werden und im Land Verbreitung finden. Überregionale
Versorgungsaspekte und die Zusammenarbeit der Kreise und Regionen sollen dort
besprochen werden.
Das gemeinsame Landesgremium nach § 90a SGB V wollen wir stärken und ausbauen.
Es setzt sich zusammen u.a. aus Vertreter*innen des Landes, der Kassenärztlichen
Vereinigung, der Landesverbände der Krankenkassen, der
Landeskrankenhausgesellschaft, der Berufskammern und auf Initiative von uns
GRÜNEN auch aus Patientenvertreter*innen. Es soll Empfehlungen zu
sektorenübergreifenden Versorgungsfragen abgeben. Wir wollen diesem Gremium
sukzessive mehr Kompetenz und planerische Möglichkeiten geben.
Wir GRÜNE wollen regionale Modellprojekte zur sektorenübergreifenden Versorgung
anstoßen, zunächst insbesondere in unterversorgten Regionen.
Mittel- und langfristig können Gesundheitsregionen aus Landkreisen und
kreisfreien Städten regionale Budgets aus der Krankenversicherung zur Verfügung
gestellt bekommen, die sowohl der stationären als auch der ambulanten Versorgung
dienen sollen. Die Budgets dürfen sich dabei nicht nur an der Einwohnerzahl
orientieren, sondern auch an den Krankheitshäufigkeiten und sozialen Bedingungen
vor Ort.
Geburtshilfe stärken – Politik für die Familien
Die Unterstützung und Begleitung durch Hebammen bereits früh in der
Schwangerschaft und rund um die Geburt ist für die Frauen und ihre Familien
unverzichtbar. Familienhebammen sind dabei besonders wichtig. Dabei stehen wir
für eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe und eine qualitativ
hochwertige Geburtshilfe sowie eine Akademisierung des Hebammenberufs wie in
einer aktuellen EU-Vorgabe gefordert.
In Rheinland-Pfalz stieg die Zahl der Hebammen zwischen 2005 und 2017 um rund
ein Drittel, dennoch besteht eine Fachkräftelücke. Wir setzen uns ein für einen
Ausbau der Hebammenausbildung im Ausbildungsstättenplan. Außerdem treten wir ein
für eine bessere Personalbemessung in den Kreißsälen, um die Arbeitsbedingungen
zu verbessern und für die Absicherung der freiberuflichen Hebammen. Die Arbeit
der Hebammen muss aufgewertet und besser bezahlt werden. Die Einrichtung von
Hebammenzentralen wollen wir flächendeckend fördern. Wir unterstützen auch
andere regionale Versorgungsmodelle zur regionalen Versorgung mit Hebammen- und
Geburtshilfeleistungen. Wir wollen die wertvolle Arbeit der Hebammen politisch
langfristig absichern.
In der Laufzeit des letzten Landeskrankenhausplans haben 17 geburtshilfliche
Kliniken ihren Betrieb eingestellt, zuletzt auch geburtenstarke Abteilungen.
Noch ist die Versorgung in Rheinland-Pfalz insgesamt gewährleistet. Die
Landesregierung wird aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten, um den Kliniken
ein Überleben der Geburtshilfe an den verbliebenen Standorten zu ermöglichen.
Wir wollen eine gute Erreichbarkeit durch individuelle regionale Konzepte
aufrechterhalten und den Frauen und jungen Familien ein gutes Angebot machen.
Die Zahl der Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, ist in
Deutschland und in Rheinland-Pfalz deutlich zurückgegangen und zwar stärker als
die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche selbst. Wir wollen die Versorgungslage für
Frauen in Rheinland-Pfalz verbessern, die ungewollt schwanger werden und einen
Schwangerschaftsabbruch vornehmen wollen. Dazu streben wir eine Zusammenarbeit
mit der Landesärztekammer, den Fachverbänden und der Kassenärztlichen
Vereinigung an.
90/90/90 Ziel für Rheinland-Pfalz - HIV und Aids bekämpfen
Die Chance das HI-Virus zu besiegen ist keine Vision mehr, sondern real vorhanden. Unser Ziel ist es, AIDS bis 2030 zu beenden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen bis 2025 90 Prozent der HIV-infizierten Menschen ihren Status kennen, 90 Prozent dieser Menschen sollen in Behandlung sein und bei 90 Prozent der Behandelten eine nachhaltige Unterdrückung der Viruslast stattfinden. Ein weiteres Ziel der Initiative ist der Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV oder AIDS. Hierfür bauen wir die Unterstützung für Aufklärungsprojekte und Unterstützungsangebote aus. Für einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang sollte jede*r den eigenen Status kennen. Deswegen sollen die Möglichkeiten der Schnelltests zur HIV Erkennung weiter ausgebaut werden.
Versorgungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen verbessern
Vor 44 Jahren hat die Psychiatrie-Enquete des Deutschen Bundestags wegweisende
Impulse für die Versorgungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen
erbracht.
Die heutige Realität dieses Versorgungsbereichs bedarf unserer politischen
Aufmerksamkeit: Psychische Erkrankungen nehmen zu. Das Versorgungssystem ist
stark differenziert und weder von Erkrankten, ihren Angehörigen noch von im
Gesundheitssystem Tätigen noch zu überblicken. Lange Wartezeiten auf einen
Therapieplatz, eine unzureichende Verzahnung der ambulanten und stationären
Versorgung, Angst der Betroffenen vor Stigmatisierung: in der Versorgung von
Menschen mit psychischen Erkrankungen gibt es einiges zu tun. Aktuelle Zahlen
der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung zeigen ein
ernüchterndes Bild: die Hälfte aller Fälle im laufenden Jahr entfiel auf
Menschen, die psychotherapeutische oder psychiatrische Hilfe benötigten.
Wir Grüne setzen uns für Versorgungsstrukturen ein, in denen psychisch erkrankte
Menschen schneller psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung bekommen.
Daher begrüßen wir die jüngst vorgenommene Anpassung der
Bedarfsplanungsrichtlinie und die dadurch neu geschaffenen Kassensitze.
Unsere Gesundheitspolitik wird alle von den gesetzliche Krankenversicherungen
finanzierten Versorgungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen
regional vernetzten und so eine für Patient*innen gute, passgenaue und
leitliniengerechte Behandlung ermöglichen. Wir wollen, dass beim Pfalzklinikum
und beim Landesklinikum mit ihren breiten, sektorenübergreifenden Angeboten, von
den Krankenversicherungen die Finanzierung auf ein auskömmliches Globalbudget
umgestellt wird.
Die Beteiligung von Erkrankten und ihren Angehörigen sowie der organisierten
Selbsthilfe in Entscheidungen und in der Gremienarbeit sowie die Förderung von
Autonomie und sozialer Teilhabe sind für unsere Politik selbstverständlich. Wir
wollen eine gute Zusammenarbeit der Versorgungsangebote mit
Integrationsbetrieben und anderen Arbeitgeber*innen und ggf. Betreuer*innen,
Betreuungs- und Sozialgerichten, um die passgenaue Teilhabe am Arbeitsleben und
der Gesellschaft zu ermöglichen.
Im Bereich der Gesundheitsprävention wollen wir verstärkt die Prävention
psychischer Erkrankungen fördern. Der Stigmatisierung von Betroffenen wollen wir
mit Informationskampagnen entgegenwirken.
Heilmittel
Wir GRÜNE setzen uns für eine Aufwertung der Therapeut*innenberufe ein.
Die Gruppe der Heilmittelerbringer*innen in den Bereichen Physiotherapie,
Ernährungstherapie, Ergotherapie, Podologie und Logopädie unterstützen und
begleiten Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt
oder von Einschränkung bedroht sind. Ziel ist es, sie bei der Durchführung für
sie bedeutungsvoller Betätigungen in den Bereichen Bewegung, Sprache und
Sprechen, Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit in ihrer persönlichen
Umwelt zu stärken. Die Ausbildung ist zurzeit weitgehend noch an
kostenpflichtigen Schulen und nur wenigen Hochschulen möglich. Dies entspricht
nicht dem Europäischen Niveau. Wir fordern eine kostenfreie Ausbildung mit
ausreichender Kapazität; wo sinnvoll soll diese in Hochschulen erfolgen.
Wir wollen eine faire Bezahlung auch in der Ausbildung. Heilmittelerbringer sind
bundesweit Mangelberufe. Vor allem auf dem Land bleiben offene Stellen
unbesetzt. Die niedrige Entlohnung führt zu einer Flucht aus dem Beruf in andere
Arbeitsfelder.
Eine bessere Koordination zwischen Pflegekräften, Therapeut*innen und Ärzt*innen
unter Einbeziehung der Patient*innen und ihrer Angehörigen ist dringend
erforderlich.
Auf Landesebene soll beim Krankenhaus-Entlass-Management die Zusammenarbeit mit
den weiterbehandelnden Heilmittelerbringern verbessert werden, die Verzögerungen
in der Weiterbehandlung nach einem Krankenhausaufenthalt führen oft zu
Verschlechterungen bei dem Patienten*innen.
Niedergelassene Heilmittelerbringer*innen sind auf Verordnungen durch Haus- und
Fachärzt*innen tätig. Wir prüfen einen Direktzugang zu Heilmittelerbringer*innen
zu Lasten der Sozialversicherungen, sowie es in vielen anderen europäischen
Staaten schon möglich ist.
Bei der Ermöglichung von Teilhabe sind Heilmittelerbringer wichtige Akteure. Mit
ihren spezifischen Aktivitäten verbessern sie die Lebensqualität der Betroffenen
und erweitern sie die Handlungsfähigkeiten im Alltag, Die Handlungsfelder der
Heilmittelerbringer sind weiter zu entwickeln, da sie im Rahmen eines
Inklusionsprozesses unabdingbar sind.
Krankheiten vorbeugen - vor allem dort wo die Risiken hoch sind
Präventionsmaßnahmen dürfen nicht einfach mit der Gießkanne verteilt werden, sie
müssen schwerpunktmäßig dort ansetzen, wo die Menschen besonderen Risiken
ausgesetzt sind.
Nirgendwo in Deutschland leben Menschen so kurz wie in Pirmasens in der West-
Pfalz. Die Lebenserwartung beträgt dort bei Männern rund 73 Jahre und bei Frauen
77 Jahre und damit rund 8 Jahre weniger als in begünstigten deutschen Regionen
wie am Starnberger See. Die Rate an vielen chronischen Erkrankungen, z.B. Herz-
Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen ist hier besonders hoch. Gleichzeitig sind
in Pirmasens besonders viele Menschen arbeitslos oder beziehen Grundsicherung.
Gesundheitspolitik kann nicht die sozialen Benachteiligungen ausgleichen oder
wirtschafts- oder arbeitspolitische Maßnahmen ersetzen wie sie für die Westpfalz
zum Teil bereits eingeleitet wurden. Sie kann aber den Menschen ein Angebot
machen, das auf ihre speziellen Bedarfe zugeschnitten ist und gesundheitlichen
Nachteilen entgegenwirken.
Daher fordern wir als Modellvorhaben ein langfristig angelegtes
Gesundheitsprojekt in Pirmasens. Eingehend müssen zunächst die gesundheitliche
Situation und Versorgung in den Stadtteilen und Quartieren wissenschaftlich
untersucht werden und darauf aufbauend zielgenau Maßnahmen entwickelt werden.
Dies soll mit und nicht für die Bürger*innen oder über ihre Köpfe hinweg
erfolgen. Stadt und Land, Ärzt*innen, Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen,
Therapeut*innen, Pflegekräfte, Wohlfahrtsverbände, Sportvereine,
Selbsthilfegruppen und andere sollen in dem Projekt zusammenarbeiten. Hier ist
es besonders wichtig, die vorhandenen Netzwerke einzubeziehen bzw. zu nutzen
(Pakt für Pirmasens, Demokratie leben, Lern- und Spielstuben u.A.).
Niederschwellige medizinische Angebote, Schulungen und Beratungen und auch
Bildungsprojekte können Teil des Vorhabens sein. Die Erkenntnisse sollen für
andere Regionen nutzbar gemacht werden.
Der Kinder- und Jugendreport der DAK vom Februar 2019 hat für Rheinland-Pfalz im
Bundesvergleich höhere Raten bei einer Reihe von Krankheiten gezeigt,
insbesondere für ADHS, akute Atemwegserkrankungen und krankhaftes Übergewicht.
Wir fordern die Landesregierung auf, diese Ergebnisse anhand weiterer
Krankenkassendaten zu überprüfen, Ursachen zu analysieren und gegebenenfalls
präventive Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen. Viele Erkrankungen bei Kindern
hängen stark mit den Bedingungen des Elternhauses zusammen. Wir Grüne wollen
gesundheits-, sport- und bildungspolitisch gezielt Maßnahmen entwickeln, um den
Nachteilen für Kinder und Jugendliche entgegenzuwirken.
In einem Landesgesundheitsbericht und einer Landesgesundheitskonferenz sollen
jährlich besondere Entwicklungen in der Gesundheit und in der medizinischen
Versorgung in unserem Land und seinen Kreisen und Städten besprochen werden und
geeignete Maßnahmen abgeleitet werden. Es bedarf der landesweiten
Aufmerksamkeit, wenn einzelne Regionen oder gesellschaftliche Gruppen in unserem
Land gesundheitlich abgehängt werden oder wenn die Versorgung in Rheinland-Pfalz
anderen Bundesländern hinterherhinkt.
Prävention erhöht die Lebensqualität für Menschen aller Altersgruppen und sie
senkt Kosten und vermeidet zusätzliche Bedarfe. Vorbeugung steht daher immer vor
Therapie.
Für ein neues Landes-Gesundheitsgesetz
Wir GRÜNE fordern, dass die beschriebenen Reformen in der kommenden
Legislaturperiode in Form eines neuen Landes-Gesundheitsgesetzes beschlossen
werden. Damit soll eine stärkere Orientierung am Nutzen für die Patient*innen,
eine bessere Einbeziehung der Bürger*innen und eine regionale Ausrichtung der
Versorgung erreicht werden.
Ziel unserer Politik ist es, dem Land, den Kreisen und Kommunen mehr Kompetenz
bei der Gestaltung der Versorgung vor Ort zu geben. Langfristig sollen die
getrennte Landeskrankenhausplanung und die Planung der Kassenärztlichen
Vereinigung durch eine gemeinsame Gesundheitsplanung abgelöst werden. Regionale
Gesundheitsbudgets sollen dann die aktuellen sektoralen Budgets für
Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte ersetzen. In die regionalen Budgets
sollen langfristig auch Mittel aus den verschiedenen Sozialgesetzbüchern (SGB V,
Gesetzliche Krankenversicherung; SGB VI, Gesetzliche Rentenversicherung mit
ihren rehabilitativen Aufgaben; SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung; SGB IX,
Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen; SGB XI Pflegeversicherung)
einfließen, um auf unbürokratische Weise eine gute Versorgung der Menschen zu
verwirklichen. Für eine solche rechtskreisübergreifende Versorgung wollen wir
GRÜNE uns bundespolitisch stark machen.
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